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Degu Ratgeber

Der Deguratgeber ist ein Projekt von Octodons.ch und Degupedia.de.

8.4 Verhaltensstörungen

Verhaltensstörungen, auch Verhaltensanomalien genannt, bezeichnen eine deutliche Abweichung vom normalen, artspezifischen Verhalten. Diese kann kurzzeitig oder auch andauernd auftreten. Die Ursachen von Verhaltensstörungen sind vielfältig. Neben genetischer Veranlagung sind es oft Haltungsbedingungen, welche den Ansprüchen der Tieren nicht gerecht werden (Gattermann 2006; Schmoock 2004). Verhaltensstörungen treten oft in der Labortierhaltung auf, bei Tieren, die meist in kleinen, schlecht strukturierten und nahezu leeren Käfigen gehalten werden (Shrewin 2007; Waiblinger & König 2004). Die Haltungsbedingungen der Labortiere lassen sich allerdings oft mit wenig Aufwand massiv verbessern. Bei Rennmäusen kann die zur Verfügungstellung einer abgedunkelten Nistbox mit zuführendem Rohr und einer Heukammer Stereotypien bedeutend verringern (Steiger 2005; Waiblinger & König 2004). Die Erforschung von besseren Haltungsbedingungen für Labor- und Heimtiere hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Insbesondere der attraktiveren Gehegegestaltung, welche als Umweltanreicherung ("Enivironmental Enrichment") aus der Zootierhaltung bekannt ist (Schmoock 2004), kommt in der Forschung eine grosse Bedeutung zu (Sherwin 2007).

Bei Degus zeigten sich gerade in den Anfängen der Heimtierhaltung durch zu kleine und schlecht eingerichtete Käfigen gehäufte Verhaltensstörungen in Form von Gitternagen und stereotypem Scharren. In der Praxis zeigte sich, dass sich diese Verhaltensstörungen durch das Anbieten von Unterkünften mit grösseren Grundflächen, besser strukturierter Einrichtung und das Angebot von Grabemöglichkeiten in Form von tiefer Einstreu oder einer grossen Buddelbox reduziert werden können.

Stereotypien

Stereotypien sind eine bestimmte Form von Verhaltensstörungen. Als Stereotypie oder Zwangsbewegung bezeichnet man sich wiederholendes, zwanghaftes Verhalten, das der konkreten Umweltsituation nicht entspricht. Ihr Auftreten wird als Indikator für nicht optimale Haltungsbedingungen betrachtet (Gattermann 2006; Schmoock 2004). Diese zeichnen sich oft durch räumliche Einengung, Reizarmut und nicht artgemässe Gruppenzusammensetzung aus. Die genaue Verursachung und die Funktion von Verhaltensstörungen sind aber bis heute nicht eindeutig geklärt und daher Gegenstand aktueller Verhaltensforschung (Schmoock 2004; Waiblinger & König 2004). Untersuchungen an Tieren mit Stereotypien weisen darauf hin, dass diese Tiere unter chronischem Stress stehen und die Stereotypien ihr Wohlbefinden beeinträchtigen (Schmoock 2004). Als typische Stereotypien bei Nagetieren gelten Gitternagen und Eckscharren (Steiger 2005; Waiblinger & König 2004).

Gitternagen

Gitternagen kommt gerade bei Degus, die in engen Käfigen gehalten werden, häufig vor. Das Gitternagen wird als Ausdruck von Unzufriedenheit der Degus verstanden und kann verschiedene Ursachen haben. Neben dem Verlangen nach mehr Platz, einer grösseren Unterkunft oder Auslauf sind dies der durch Langweile verursachte Wunsch nach Beschäftigung oder das Verlangen nach Nagematerialien.

Eckscharren

Neben dem Gitterscharren zeigen Degus oft auch Eckscharren und stereotype Scharrverhalten, gerade wenn sie nicht in artgerechten Käfigen gehalten werden. Ob es sich hier nur um eine Ersatzhandlung handelt, welche durch nicht artgerechte Haltung ausgelöst wird oder aber konkret auch das Fehlen von geeigneten Grabemöglichkeiten dafür verantwortlich sind, ist unklar. Da es sich hierbei auch um eine Stereotypie handelt, gilt es ihr durch eine artgerechtere Haltung zu begegnen.

Laufradsucht

Da gerade in kleinen Käfigen Degus häufig von ihrem Laufrad gebrauch machen, hat aufmerksame und besorgte Tierhalter dazu gebracht, sich Gedanken zu machen über den Nutzen eines Laufrads und dessen Einfluss auf die Gesundheit der Degus. Auch wenn die Ansichten über den Sinn der zur Verfügungstellung eines Laufrads auseinandergehen, konnten doch Untersuchungen an Hamstern zeigen, dass der Einsatz von Laufrädern keinen negativen Einfluss auf ihre Gesundheit hat, noch eine Sucht auslösen würde. Im Gegenteil, der Umgang trächtiger Hamsterweibchen zeigte, dass sie durch den stark eingeschränkten Gebrauch des Laufrads in dieser heiklen Phase einen sinnvollen Umgang mit Laufrädern zeigten und auch die Reduktion von Gitternagen, wenn die Hamster ein Laufrads zur Verfügung haben, weist auf eine positive Wirkung von Laufrädern hin (Steiger 2005).

Auch wenn entsprechende Untersuchungen bei Degus fehlen, zeigt die Praxiserfahrung bei Degus ähnliche Ergebnisse. Negative Einflüsse, welche durch artgerechte Laufräder verursacht werden, sind keine bekannt, wohl aber konnten auch Deguhalter beobachten, dass bei der zur Verfügungstellung eines Laufrads Stereotypien bei in eng Käfigen gehaltenen Degus abnahmen.

Verkümmern von Einzelntieren

Einzeln gehaltene Degus können mit der Zeit auch Verhaltensstörungen aufweisen. Sie haben ein grosses Bedürfnis an Zuwendung und verkümmern, wenn sie sich einsam fühlen.
Um dem entgegenzuwirken ist es wichtig, dass die Degus Kontakt zu Artgenossen bekommen. Dies kann mit einer Vergesellschaftung mit anderen Degus geschehen, was aber gerade bei älteren Degus öfters nicht klappt. Sollte sich ein solcher Degu als nicht vergesellschaftbar erweisen, so ist dennoch der Kontakt zu Artgenossen wichtig, welcher durch Hör- und Sichtkontakt mit anderen Degus gewährleistet werden kann. Dazu sollten die Käfige der Tiere entsprechend angeordnet werden, beispielsweise durch nebeneinanderstellen der Käfige.


Diese Seite referenzieren:

Degu Ratgeber online: http://degu.re4.ch/ratgeber/verhalten_stoerungen.html (Stand: 31. Dez. 2007)


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